
Mein stiller Mitmaler
Manchmal stehe ich vor der Leinwand, als hätte ich alles im Griff.
Farbwahl? Überlegt.
Komposition? Grob im Kopf, dass reicht.
Idee? Glasklar.
Und dann passiert es:
Alles läuft anders.
Ein Tropfen landet genau nicht dort, wo er soll.
Eine Linie macht sich selbstständig, als hätte sie ein Eigenleben.
Die Farbe zieht Spuren, die ich nie vorgesehen hatte.
Erst ärgere ich mich, und dann muss ich lachen.
Denn ich kenne den Übeltäter inzwischen gut: den Zufall.
Inszwischen hat er sogar einen Namen:
Reiner Zufall.
Und er kann beim Malen schonmal nervig sein.
Er kommt ungebeten und macht, was er will. Aber er ist auch überraschend charmant. Plötzlich entstehen Strukturen, Lichtreflexe oder Farbkombinationen, die ich selbst nie geplant hätte. Was zuerst wie ein Fehler aussieht, kann das Bild oft interessanter, lebendiger und ehrlicher machen.
Früher habe ich versucht, den Zufall zu kontrollieren.
Heute weiß ich:
Wer den Zufall einlädt, öffnet sich für neue Ideen. Die kleinen Unregelmäßigkeiten – ein verlaufener Farbklecks, ein schiefer Strich – bringen Leben ins Bild. Sie brechen die Kontrolle, fordern mich heraus und führen zu Ergebnissen, die ich so nie erwartet hätte.
Das Spannende ist:
Reiner Zufall beim Malen ist nicht nur ein Werkzeug für kreativere Bilder.
Er lehrt uns auch etwas fürs Leben.
Nicht alles läuft wie geplant. Nicht jeder Schritt lässt sich vorhersehen.
Wer lernen kann, loszulassen, offen zu bleiben und Ungeplantes zuzulassen, entdeckt oft neue Wege, neue Perspektiven und sogar Freude am Unerwarteten.
Natürlich hat der Herr Zufall auch seine launischen Momente. Manchmal übertreibt er und wirft das Bild durcheinander. Aber selbst dann bleibt etwas zurück: ein Impuls, eine Spur, eine Inspiration. Diese Momente machen die Malerei spannend und lebendig. Sie erinnern mich daran, dass Perfektion nicht das Ziel ist, sondern der Ausdruck von Leben, Bewegung und Mut.
Also, wenn beim Malen alles anders läuft, lächle ruhig. Vielleicht ist es der Zufall, der gerade genau das bringt, was du gar nicht gesucht, aber dringend gebraucht hast.
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